Wer war Jeanne Proust, die für ihren älteren Sohn eine so zentrale Rolle spielte? Die Tochter einer bürgerlich-jüdischen Fabrikantenfamilie aus dem Elsaß wuchs in Paris auf und erhielt die für Frauen damals übliche Bildung Sprachen, Klavierspiel und Haushaltsführung. Sie heiratete den zwar vermögenslosen, aber erfolgreichen Arzt Adrien Proust und brachte ein knappes Jahr nach der Hochzeit, in der unruhigen und gefährlichen Zeit kurz nach der Pariser Commune, ihren ersten Sohn Marcel zur Welt. Von Geburt an war der Kleine kränklich, und so entwickelte sich zwischen Mutter und Sohn eine außergewöhnlich enge Bindung, die für beider Leben bestimmend wurde. Jeanne sorgte und kümmerte sich um seine Gesundheit, empfing seine Freunde und war als erste Leserin auch an seinem Werk beteiligt. In "Die Suche nach der verlorenen Zeit" und anderen Romanen hat Marcel Proust sie mehrfach porträtiert und ihr damit ein literarisches Denkmal gesetzt.