Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Jura - Rechtsphilosophie, Rechtssoziologie, Rechtsgeschichte, Note: 14 Punkte, Universität Hamburg, Veranstaltung: Rechtsphilosophie, 16 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Anmerkungen: Fachbereich Rechtswissenschaften (Teilbereich Rechtsphilosophie) , Abstract: Das philosophische Werk Jean-Jacques Rousseaus scheint auf das Engste mit den Idealen der Aufklärung - der Emanzipation des Individuums und dem Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit (Immanuel Kant) - verbunden zu sein. Dabei bleibt jedoch oft unklar, welchen Ausweg aus dieser Unselbständigkeit des Einzelnen Rousseau in seinen Schriften, insbesondere in dem 1762 erschienenen Gesellschaftsvertrag, entwirft und vor allem, welche Konsequenzen für eine praktische politische Anwendung daraus zu ziehen sind. Als Dreh- und Angelpunkt der Rousseau schen Staatsphilosophie muss das Konzept des Gemeinwillens angesehen werden. Dabei erscheint der Begriff paradox zu sein, wie Patrick Riley bemerkt: Ein Gemeinwille ist ein philosophischer und psychologischer Widerspruch in sich. Wille ist ein Begriff, der, wenn überhaupt, nur im Sinne individueller Handlungen verständlich ist (Riley 2000: 107).
Die Gefahren für die freiheitliche Demokratie, die sich in einem politischen Messianismus äußern und die in Rousseaus monistischer Staats- und Gesellschaftskonzeption mit einem von außen vorgegebenen Gemeinwillen a priori immanent sind, sollen im Folgenden verdeutlicht und herausgearbeitet werden. Dem gegenübergestellt wird das Neo-Pluralistische Modell, das vor allem in angelsächsisch-liberaler Tradition steht und in Deutschland durch Ernst Fraenkel eine konkrete Ausformung erfahren hat. Hierbei geht es im Kern um die Idee der sozialen Selbstbestimmung und der Findung des Gemeinwillens a posteriori als Ergebnis des ständigen dialektischen Abgleichs von Partikularinteressen.
Die Prämisse, die in dieser Arbeit vertreten wird, ist, dass Rousseaus Konzeption des Gemeinwillens immer noch große Aktualität besitzt; dass sie jedoch in der Realität in letzter Konsequenz zur Totalisierung des Staates führen muss und daher nicht wünschenswert ist.
Hierbei ist es wichtig herauszuheben, dass es nicht Ziel dieser Arbeit sein soll, Rousseau als totalitären Visionär zu überführen oder zu brandmarken. Auch wäre es methodisch nicht richtig, die Arbeiten Rousseaus an den verzerrenden Rezeptionen zu messen, wie sie sich etwa bei Robbespiere oder Carl Schmitt finden. Vielmehr soll eine kritische Betrachtung der Gemeinwillenkonzeption des französischen Philosophen erfolgen, die sich besonders auch auf die praktischen Implikationen beruft, welche sich bei konsequenter Umsetzung für den modernen demokratischen Staat ergeben.