Wir Deutsche haben der Wirtschaft unseren Wohlstand zu verdanken, und das wissen wir auch. Dennoch scheinen uns Topmanager eher verdächtig, und der globale Wettbewerb, von dem durchaus auch viele deutsche Unternehmen profitieren, bereitet uns Unbehagen. Wir tun uns schwer, zu glauben, was in anderen europäischen Ländern überhaupt keine Frage ist: Dass Wettbewerb keineswegs bedeuten muss, dass der eine dem anderen etwas wegnimmt. Dass er vielmehr dafür sorgt, dass alle sich fit machen für den Arbeitsmarkt und gemeinsam für Wachstum sorgen. Dass er Innovationen provoziert, Potenziale zutage fördert und den Wohlstand unserer gesamten Volkswirtschaft vergrößert. Entgegen einer verbreiteten Überzeugung ist Wettbewerb also durchaus moralisch, sagt Christoph Lütge, junger Philosoph und Wirtschaftsethiker - vorausgesetzt die Regeln, denen er folgt, sind es. Nicht gerecht sind Schlupflöcher im Steuersystem für Superreiche. Gerecht sind aber sehr wohl vom Aufsichtsrat genehmigte Managergehälter, die auf dem freien Markt verhandelt wurden, um diejenige Führungskraft zu bekommen, der man die besten Ergebnisse zutraut. Gerecht ist auch mehr Wettbewerb im Energiesektor, der verhindert, dass gerade Geringverdiener einen immer größeren Teil ihres Einkommens für Heizung und Strom aufbringen müssen. Gerecht sind unter bestimmten Bedingungen auch Mindestlöhne. Und gerecht ist ein nachhaltiges Rentensystem nach dem Kapitaldeckungsprinzip, das nicht die Jüngeren in ein Fass ohne Boden einzahlen lässt. In seiner scharfsinnigen Analyse zeigt Lütge, wie unsere Vorbehalte gegen den Wettbewerb einst entstanden sind. Er deckt auf, wie Politiker unter dem Schlagwort Gerechtigkeit eigentlich eine Neiddebatte führen. Und er zeigt anhand zahlreicher Beispiele aus dem In- und Ausland wie wir umdenkenmüssen, um mittels wirklich gerechter Regeln mehr Wachstum und Beschäftigung zu erreichen. Denn nur Wachstum und Beschäftigung werden letztlich verhindern, dass die Verteilungskämpfe härter werden, die Mittelschicht schrumpft und soziale Gerechtigkeit spätestens für unsere Kinder zur Utopie wird. Gerade jetzt, wo wir ein so viel versprechendes wirtschaftliches Comeback hingelegt haben, hätten wir die Chance, unsere Vorbehalte zu überwinden, um unsere Zukunftsfähigkeit zu sichern.