In den Schriften zur Literatur präsentiert sich Herder als Mitarbeiter der >Horen<, als distanzierter Teilnehmer an den Bestrebungen der »Klassiker« Schiller und Goethe. Zugleich aber beweist er seine Offenheit für ganz andere Erscheinungsweisen und Gattungen der Poesie: Autobiographie, Legende, nordische Mythologie und neulateinische Dichtung. Und er überschreitet die Grenzen seiner bisherigen Interessen an der Poesie der Hebräer und anderer Nationen des Vorderen Orients in Richtung auf indische Mythologie und Poesie. Die Schriften zur Philosophie aus diesen Jahren sind zu einem großen Teil Fortzweigungen der Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit, deren letzter Band 1791 erschienen war. Zusammengehalten werden diese Texte durch die Frage nach Tod und Unsterblichkeit, nicht die des Individuums, sondern die der geschichtlichen Phänomene. Die beiden Schriften gegen Kant, Metakritik und Kalligone, sind ohne Zweifel auch Dokumente der Vereinsamung des späteren Herder, doch entwickelt er auf der anderen Seite Gedanken, die auf die Identitätsphilosophie des deutschen Idealismus, auf Schelling und Hegel, voraus weisen.