Von allen Formen der Poesie gilt die Ballade als die reizvollste - ob schlichter Reim im Volkston oder kunstvoll komponierte Verserzählung. Hierzulande ist sie durch viele Jahrhunderte hindurch lebendig geblieben und hat die größten deutschen Lyriker inspiriert. Diese Sammlung vereint die schönsten Balladen aus fünfhundert Jahren.
Tannhäuser, Erlkönig oder Belsazar - dank der klassischen Ballade gehören sie zu den meistbesunge nen Gestalten der deutschen Dichtkunst. In der lyrisch-dramatischen Ausformung ihrer Stoffe trifft das Heroische auf das Magische, das Urwüchsige auf das Unerhörte. Ihr Gesang kündet von wundersamen Taten und schicksalhaften Begebenheiten. Von suggestiver Rhythmisierung vorangetrieben, strebt die Handlung dem Höhepunkt zu, mündet in Heldentat, Errettung oder Katastrophe.
Unter allen Spielarten der Lyrik bietet die Ballade zweifelsohne die höchste Dramatik, verdichtet am intensivsten innere und äußere Bewegtheit, malt die leuchtendsten Bilder. Der Band folgt in seinem Aufbau der literarischen Traditionslinie. Er setzt ein bei den anonym gebliebenen Werken des 15. Jahrhunderts, den urtümlich-kraftvollen Bänkelliedern und Moritaten, die unmittelbar an die Minnedichtung anknüpfen oder auch Sagen und Schwänke des Mittelalters variieren. Der zweite Teil des Buches ist der Blütezeit der deutschen Kunstballade gewidmet, an deren Beginn die großen Schöpfungen der Klassiker und Romantiker stehen. Es folgen Ideenballaden didaktischer und politischer Ausprägungen. Durch Rückbesinnung auf die Bänkelsangtradition hat die Gattung schließlich in den sozialkritischen Erzählliedern am Beginn des 20. Jahrhunderts eine neuerliche Renaissance erfahren. Die Auswahl enthält - der Volkstümlichkeit ihres Gegenstands entsprechend - auch mundartliche Balladen aus Norddeutschland, aus der Schweiz und aus Österreich.
