"Neapel sehen und sterben" hieß es früher: weil in Neapel ein bißchen Pathos nie fehl am Platz ist und weil die Schönheit der südländischen Stadt legendär war. Sogar die Armut wurde als pittoresk empfunden. Birgit Schönau entwirft ein sehr zeitgemäßes, liebevolles, doch immer differenziertes Porträt des modernen Neapel samt kampanischem Umland. O' core de Napule - ins Herz der Neapolitaner - führen ihre Geschichten den Leser: zum sich selbst als "letzten Ritter" stilisierenden Camorrista Don Raffaele Cutolo, zum Zigarettenverkäufer, der die kleine Autogrammkarte eines Fußballspielers mit ebensolcher Ehrfurcht aufbewahrt wie ein Heiligenbildchen, oder zum linksdemokratischen Bürgermeister, der, obwohl er mit der Kirche nichts im Sinn hat, in die neapolitanische Weihnachtskrippe - erste Reihe, vor dem Jesuskind - gestellt wird. Protestierende Zigarettenschmuggler, blutende Heilige, Pizzabäcker und die letzten Anhänger der Bourbonen bevölkern die chaotischste und vitalste Stadt I taliens. Über verschlungene Wege führt uns Birgit Schönau ins Pompeji der Hunde, zu den Magiern und Kartenlegern auf den "italienischen Blocksberg" bis nach Amalfi, wo man mit einem Lift sogar bis zum Mond fahren kann.