"Vielleicht hätte ich mich noch damit einverstanden erklärt, als ein Opfer des Hasses zu fallen, ich kann aber nicht im Hass und mit dem Hass leben, ich kann nicht an ihm teilnehmen", sagt ein jüdischer Arzt, als er Bosnien im Jahre 1920 verlässt. Er ist einer der Helden von Ivo Andrics Geschichten aus Sarajevo, die zu den klassischen Texten der serbokroatischen Literatur zählen. Stärker noch als in den großen Romanen von Ivo Andric ist auch in diesen Erzählungen das historische Wissen über die Konfliktregion Balkan bewahrt. Von Gewalt und Hass handeln sie, und das Bemerkenswerte an diesen zutiefst menschlichen Geschichten ist, dass der Autor nie nur von einer Seite berichtet, sondern die Seele des mörderischen Ustascha-Mannes genauso erforscht wie die seines Opfers.